Pressestimmen zu Limes X, es geht eine dunkle Wolke
LIMES X, II (es geht …)
CD
Jazzbearbeitungen von Volksliedern sind seit Dieter Ilg ein gewisser Trend in deutschen Landen. Mit Klavier, Saxophon, Bassclarinette und Perkussion präsentiert nun auch das Trio „Limes X“ Volkslieder aus verschiedenen europäischen Ländern und Zeiten. Das Titellied stammt vom Ende des 30-Jährigen Kriegs. Noch älter Ist „Es Ist ein Schnitter, heißt der Tod“. Rundum gekonnt diese pinzettenfein getupften, jazzoiden Miniaturen, die musikalische Intensität geht eine erstaunliche Verbindung mit der Langsamkeit ein. Wie einst bei Jimmy Griffin entfaltet sich alles jenseits des großen Drives.
(Klaus Robert Bachmann, Badische Zeitung)
LIMES X
Solche Musik müßte eigentlich viele Fans haben: Alte Volksweisen aus verschiedenen Ländern, darunter auch die bekannten deutschen „Es geht eine dunkle Wolke“, „Ich hört ein Sichlein rauschen““, „Es ist ein Schnittet heißt der Tod“, gekleidet in das Klanggewand aus Klavier-, diversen Saxofon- und Perkussionsfarben und arrangiert, wie man es mit Vorliebe im kirchenmusikalischen Studium lernt, wenn es um die Kreation von Choralvorspielen geht: eng bei der Melodie bleiben, ihre einzelnen Segmente freilegen, mit diesen spielen auch übereinander lagern in verschiedenen Tempi, dann und wann den Text ausdeuten durchaus mit experimentellen Mitteln aber nicht zu viel, keineswegs den Hörer mit zu vielen ungewohnten Tonerzeugungen irritieren oder ihn gar mit komplizierten Strukturen irritieren. Die Bearbeitung sollte schön dem Accessoiregedanken verhaftet bleiben, auch im improvisatorichen Bereich, denn in ihre Arrangements streuen die drei Musiker von Limes X Fantasien ein, die so wirken, als entstammten sie einer streng funktional orientierten Musikschule. Wer zufällig mal der Disc „Es geht eine dunkle Wolke“ begegnet kann hineinhören, wie die elf europäischen Sichleins hier rauschen, und sich über seine Kenntnis der Originale freuen.
(Stefan Fricke, Neue Zeitschrift für Musik)
Balladen mit Sense
Die neue CD von Limes X
Das Titelbild erzählt viel. Rechts außen wetzt Schnitter Tod die Sense, während links von ihm unbeschwert dreinschauende Mädchen und ein Kind Obst ernten, singen und einen Kranz flechten. Eine ähnliche Ambivalenz prägt auch die Musik auf der CD "Es geht eine dunkle Wolke" der Stuttgarter Formation Limes X.
Düster beginnt sie mit dem Volkslied "Ich hörte ein Sichlein rauschen". Hier entsteht keine Idylle, sondern ein tragisch-realistisches Abbild eines Kontinents, dessen jüngere Geschichte neben Liebe und Glück auch Schmerz und Zerstörung bestimmten. Nach Melodien aus Rumänien, Flandern, Finnland, Griechenland, Rußland und Deutschland erreicht die CD schließlich das Titelstück aus der Zeit des Dreißigjährigen Kriegs, das die Gruppe Limes X als düstere Ballade mit schmerzlich geräuschhaften musikalischen Momenten gestaltet.
Die drei Musiker, allesamt Absolventen des Jazzstudiengangs der Stuttgarter Musikhochschule, beziehen sich ausschließlich auf europäische Themen und verzichten auf die häufig gespielten amerikanischen Jazzstandards. Mit diesen Stücken vollziehen sie nach, was die amerikanischen Kollegen mit Songs vom Broadway vormachten: Sie verschafften ihnen neue harmonische Gewänder und nutzten sie als Ausgangsmaterial für Improvisationen.
Das finnische "Taivas on sininen ja valkoinen" groovt hart und kantig, und im deutschen "Es ist ein Schnitter heißt der Tod" interpretieren Frank Kroll auf dem Sopransaxofon, der Percussionist Bernd Settelmeyer und der Pianist Patrick Bebelaar als Zwitter aus mittelalterlichem Flair und wüster Zerstörung. Auch die übrigen Volksliedbearbeitungen der drei erzählen die Geschichten von Liebe, Schmerz und Tod.
(SZ, 17.8.01) LIMES X
LIVE
Volkslieder im Haltbarkeitstest
Stuttgarter Trio "Limes X" im KITO
Von unserem Mitarbeiter
Christian Einigholz
Ein deutsches Jazztrio, das sich ausführlich mit europäischen Volksliedern (und einem deutlichen Gewicht auf deutschen) auseinandersetzt, ist zwar nicht unbedingt eine Sensation, aber schon ziemlich ungewöhnlich. Mit einem solchen Programm trat "Limes X" jetzt im gut besuchten Vegesacker KITO auf.
Im amerikanischen Jazz ist es mehr als üblich, aus dem durch die vielen Einwanderernationalitäten ohnehin weit gestreuten Spektrum verschiedenster Volksmusiken zu schöpfen, sie zum thematischen Ausgangspunkt ausgedehnter improvisatorischer Ausflüge zu machen. Im europäischen Jazz ist das dagegen eher die Ausnahme, sieht man einmal von nordischen Jazzern ab wie der schwedischen Gruppe "Mwendo Dawa“ oder der finnischen Band "Piirpauke ", um nur zwei Beispiele zu nennen, deren Verbundenheit mit der heimatlichen Folklore so stark war, daß sich diese immer wieder in ihrem Jazz wiederfindet.
Für deutsche Jazzer scheint - vor allen Dingen durch den Mißbrauch während des Faschismus,
womöglich auch wegen der lieblosen Behandlung in einschlägigen Musikantenstadeln - ein ganz besonderer, weil unsichtbarer Grenzwall zwischen Volksmusik und Jazz zu existieren. Das Stuttgarter Trio "Lirnes X" hat ihn sehr konsequent - und vielleicht endgültig niedergerissen.
Patrick Bebelaar (Piano), Frank Kroll (Sopransaxofon, Baßklarinette) und Bernd Settelmeyer (Schlagzeug, Steeldrum, Perkussion) benutzen dabei sehr zielstrebig das Jazzidion: Die Volksmusikmotive werden knapp angerissen, auch schon einmal vollständig ausgespielt, aber dann ausführlich hinterfragt. Sie werden also in ihre Bestandteile zerlegt, von rhythmischen Vorgaben befreit und in den eigenen Puls des Trios übersetzt, mit emotionalen oder äußerst lyrischpen Jazzphrasierungen konfrontiert, aber auch in minimalistischen Patterns eingebettet, somit einem Haltbarkeitstest unterzogen.
Gelegentlich wendet das Trio dazu kleine Kunstgriffe an wie beim russischen "Lied der Wolgaschlepper", das sie so angelegentlich auf Mussorgskys "Bydlo", den Ochsenkarren aus den "Bildern einer Ausstellung", prallen lassen, daß der schwerfällige Prozeß des Ziehens plastisch veranschaulicht wird. Bei anderen Stücken setzt "Limes X" auf elementare Wucht, realisiert mit fulminanten Trümmerklängen von Schlagzeug und Piano die drohenden Landsknechtstrommeln, während das Saxofon die Melodie ganz schlicht darüber legt. Das Trio interpretiert viele seiner Stücke mit geradezu filmischen Mitteln, operiert mit Überblendungen, harten Schnitten und langsamen Zooms auf das Herzstück des Themas.
Während die Volksliedbe- und -verarbeitungen trotz aller Freiheit der tonalen (und auch atonalen) Sprache intensiv um das jeweilige Lied kreisen, kann" Limes X" aber auch ganz anders in Grenzwertbereiche verstoßen: Die in das Programm eingebauten Eigenkompositionen sind formal nicht so streng gebaut, hier läßt das Trio los, während da mit großer Konzentration die komplexen Texturen interpretiert werden. So kreist ein Titel wie "For those I left behind" intensiv um repetive Floskeln oder das fulminante "Keep at it" verkreuzt die Sprache des Cool Jazz á la Tristano mit dramatischer Free-Motivik. "Limes X" ist ein technisch wie musikalisch auf hohem Niveau spielendes Trio, das vor allen Dingen von der großen Dialogbereitschaft aller Musiker lebt. Ein hervorragendes Konzert.
(Bremer Nachrichten, 8.1.01)
Von der Unendlichkeit absoluter Spiellaune
Die Stuttgarter Formation Limes X brillierte im KITO mit Folk-Jazz / Rebroff meets Ornette Coleman
Von unserem Mitarbeiter Albrecht-Joachim Bahr
Vegesack. Von wegen, "die launenhafte und skurrile World-Jazz-Music des international arbeitenden Trios passt in keine der gängigen Schubladen." Diese Selbsteinschätzung der Musiker Frank Kroll (Saxofon), Patrick Bebelaar (Klavier) und Bernd Settelmeyer (Schlagzeug) bedarf dringendst einer Korrektur. Denn was sich da unter dem Namen Limes X abspielt, gehört in die Schublade, auf der ganz groß "Freude am Musizieren" draufsteht. Leider waren es am Freitag im KITO nur etwas mehr als 50 Zuhörer, die sich davon überzeugen konnten, daß Limes X auch bedeuten kann: ... strebt gegen die Unendlichkeit absoluter Spiellaune!
Nun reicht Freude an der Musik allein natürlich nicht aus, um ein Spitzenkonzert zu absolvieren. Daneben bedarf es auch einer profunden Ausbildung (haben sie), Spielerfahrung mit internationalen Jazzgrößen (haben sie auch) und umfassenden musikalischen Wissens (haben sie erst recht). Wenn dann noch Witz, Fingerspitzengefühl in Geschmacksfragen und ein Abend hinzukommt, an dem alles, aber einfach auch alles läuft, dann gibt es eben das Konzert des Monats, auch wenn dieser noch keine fünf Tage alt ist. Was Limes X boten, war eine geografische Zeitreise durch die Musikgeschichte. Bis ins Mittelalter ging diese Reise, auf der sie Flandern, Schweden, Finnland, Rußland und den Balkan streiften. Im Gepäck hatten sie also Lieder aus fernen Zeiten und Regionen. Darunter aber auch deutsche aus der Zeit des 30jährigen Krieges. Wer jedoch erwartete, daß jetzt reine Folklore zum Besten gegeben würde, irrte. Denn alles wurde hemmungslos gekonnt durch den Jazz gezogen.
Allein diese Mixtur hebt Limes X vom herkömmlichen l'art pour l'art-Jazz ab. Jede dieser Transformationen fand in ihrer traditionellen Melodie, Rhythmik oder Harmonie eine feste Grundlage, über der es sich in welcher Art auch immer - cool, free oder semiklassisch - vorzüglich musizieren ließ, ohne sich in substanzlosen Kunstgebilden zu verzetteln. Und das Beste daran war, daß auch die Eigenkompositionen sich nahtlos in diese Stimmung einfügten.
Höhepunkt des Konzertes? Es gab keinen. Denn das Niveau blieb konstant spitze. Von Anfang an war es pure Lust, den Dreien zuzuhören. Auch oder gerade dann, wenn sich vermeintliche Schwächen zeigten, die sich aber nur deswegen einzuschleichen schienen, um die darauffolgenden starken Momente noch mehr hervorzuheben. Es hätte schließlich auch ein Pseudo-Rachmaninoff-Abend werden können, wie man nach dem Klavier-Intro hätte glauben können. Wurde es aber nicht. Nicht mit diesen Kieksern auf dem Sopransaxofon, nicht mit Steeldrum oder Marimba-Box. Auch nicht mit diesem außerordentlich wandlungsfähigen Pianisten.
Wer aber auf einen Höhepunkt nicht verzichten will, dem sei geholfen: Mit den Wolgaschiffem ("Ehj nehnjem") gab es eine gnadenlose Jazz-Wiedergutmachung für alle Iwan-Rebroff-Geschädigten, gab es " Schiwago " á la Ornette Coleman. Wenn es aber doch einen Höhepunkt zu vermelden gibt, sei auch auf eine etwas schwächelnde Passage hingewiesen, auf den Ausflug in bulgarische Gefilde. Darauf kann man nur antworten: Vorsicht! Wenn man einmal nur einen bulgarischen Schlagzeuger erlebt hat, der es gleichzeitig auf drei! Metren bringt, dann weiß man, wie dünn das Eis ist, auf das man sich hier begibt, auch wenn der angekündigte 13/16tel Takt weitestgehend eingehalten schien.
Radio Bremen war übrigens auch da und hat nicht nur für Irritationen gesorgt (Mikrofon-Tausch im laufenden Stück), sondern für einen - hoffentlich - gelungenen Mitschnitt, der am 7. März auf dem 2. Hörfunkprogramm gesendet wird.
(Die Norddeutsche, 8.1.01)
News:
Notizen von Unterwegs
Aktuell: 20.10.2012
Bebelaar | Favre | Lenz | Kroll
Reflection in your Eyes
Bebelaar | Klink | Godard | Murgia | Rizzo - Stupor Mundi
Klink / Bebelaar info
www.wielandshoehe.de
Konzerte:
27.7.2015 Bebelaar / Klink, Vaihingen an der Enz
21.8.2015 Bebelaar / Godard, Jazzfestival St. Pölten (AUS)
3.9.2015 Bebelaar / Christoph Beck, Merlingen Beatus (CH)
4.9.2015 Bebelaar / Joos / Lenz, Darmstadt 18.9.2015 Bebelaar / Joos / Lenz, Passau BR-Mitschnitt
21.9.2015 Bebelaar SOLO, Meran
22.9.2015 Bebelaar SOLO, Meran
24.9.2015
25.9.15 Baby Sommer / Godard / Bebelaar, Jazzschmiede Düsseldorf
26.9.15 Baby Sommer / Godard / Bebelaar, Tufa Trier
27.9.15 Bebelaar / Joos Lenz, Badisches Landestheater Karlsruhe
2.10.15 Bebelaar / Lenz/ Kroll, Fulda
3.10.15 Bebelaar / Kroll feat. Baby Sommer Theaterhaus Stuttgart
4.10.15 Bebelaar / Joos / Lenz, Frankfurt, Brotfabrik
6.10.15 Bebelaar / Joos Lenz, Theater Spitalhof, Leonberg
16.10.15 Bebelaar / Joos / Lenz, Hessische Landesvertretung, Berlin
19.10.15 Bebelaar / Joos / Lenz, Bruckner Haus, Linz (AUS)
23.10.15 Bebelaar / Joos / Lenz, Jazzweekend Fellbach, großes Haus, Orfeo-Keller
25.10.15 Bebelaar / Klink / Budziat, Möglingen Bürgerhaus, 17:00h
26.10.15 Bebelaar / Klink, Bietigheim
3.11.15 Bebelaar / Joos Lenz, Enjoy Jazz, Mannheim
8.11.15 Bebelaar / Klink / Lenz, Neuburg Birdland – BR-Mitschnitt
9.11.15 Bebelaar / Klink, Nationaltheater Mannheim
13.11.2015 Bebelaar SOLO, Kulturtreff Untertürkheim
29.11.2015 Bebelaar / Klink, Balingen Stadthalle
13.12.2015 Bebelaar / Klink, Pforzheim, Österfeld
24.1.2016 Bebelaar / Klink, Darmstadt Centralstation
14.2.2016 Bebelaar / Klink, Ludwigsburg
1.3.2016 SOLO, Beatus; Merlingen (CH)
13.3.2016 Bebelaar / Klink, Waagenhallen Stuttgart